Am ersten Märzwochenende ging es für uns raus aus Detmold in die wunderschöne Hafenstadt Hamburg. Drei Tage lang durften wir hier sehen und erleben, was das Berufsfeld Musikvermittlung alles zu bieten hat – was entwickeln sich für Ideen, wenn man außerhalb des klassischen Konzertsaals denkt? Welches (neue) Publikum ziehe ich an, wenn ich verschiedene Kunstformen und Interessenbereiche miteinander verbinde? Und der rote Faden, der sich unauffällig durch all unsere Begegnungen an diesem Wochenende zog: Wie gelingt es Musikvermittlung so zu denken, dass Musik wirklich für alle erfahrbar und erlebbar wird?
Ein Beitrag von Laura Sophie-Witt
Freitag, 1. März: Unser Exkursions-Wochenende startet am Freitagnachmittag auf dem Gelände von Kampnagel. Trotz ÖPNV-Streik sind alle voll Vorfreude und gespannt darauf, was wir an diesem Ort erleben werden. Nachdem wir durch die beiden Dramaturginnen Anna Teuwen und Luise März etwas über die Philosophie von Kampnagel als Veranstaltungsinstitution erfahren haben, können wir diese direkt in einer beeindruckenden Performance der gehörlosen Künstlerin Rita Mazza hautnah erfahren – Musik ohne hörbare Töne, dafür mit Licht. Eine umwerfende Darbietung dessen, was möglich ist, wenn man über den eigenen Tellerrand hinausblickt und Musik wirklich inklusiv denkt. Hier auf Kampnagel darf sich jede und jeder künstlerisch entfalten und präsentieren. Auch und vor allem Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung. Gemeinsam wird dafür gekämpft, dass unsere Kulturlandschaft inklusiver und möglichst barrierefrei wird – besonders ist hier der Ansatz mit den Menschen zu sprechen anstatt über sie, sodass sich alle gesehen und gehört fühlen und Unterstützungsangebote dort ansetzen, wo sie wirklich benötigt werden. Mit genügend Gesprächsstoff genießen wir den kulinarischen Abendausklang und runden damit das Erlebnis Kampnagel ab.
Samstag, 2. März: Dass Inklusion nicht nur die Arbeit mit Menschen mit Behinderung beinhaltet, erzählt uns am Samstagmorgen Sarah Lee Tucker vom Verein Kulturleben Hamburg e.V. Mit ihrem Team sorgt sie dafür, dass Kultur auch für Menschen mit schmalem Geldbeutel erlebbar wird. Die Zusammenarbeit mit zahlreichen Kulturpartnern innerhalb Hamburgs ermöglicht kostenfreien Eintritt beispielsweise in Theatervorstellungen oder Museen.
Im Anschluss an das Gespräch geht es für uns weiter ins Komponistenquartier. Hamburg war schon immer ein Quell für Kunst und Kultur und so ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Komponisten und Komponistinnen hier gelebt und gewirkt haben. Über sieben davon erzählt das Quartier in seinem Museumskomplex, durch das wir im Rahmen einer Führung gelotst werden.
Ein kleiner Spaziergang bei noch etwas kühlem, aber sonnigem Frühlingswetter führt uns am Nachmittag zum Resonanzraum im Medienbunker auf St. Pauli, der Residenz des Ensemble Resonanz. Während unserer Seminarwochenenden in Detmold ist uns das Ensemble als Exzellenzbeispiel für gelebte Musikvermittlung schon öfter begegnet. In einer öffentlichen Probe erleben wir, wie die Zusammenarbeit in einem Ensemble mit demokratischer Struktur aussieht und haben hinterher noch die Gelegenheit uns mit Juditha Haeberlin und David Schlage auszutauschen und all unsere Fragen und auch Worte des Lobes und der Bewunderung loszuwerden.
Nach einem vielseitigen Tag sind wir wieder mit reichlich Gesprächsstoff ausgestattet. Bevor wir den Abend im ÜberQuell mit Pizza ausklingen lassen, fahren wir mit der Fähre zur Elbphilharmonie und mit der Rolltreppe hinauf auf die Plaza – schließlich ist unsere Reise- und Studiengangsleiterin Katharina Höhne hier zu Hause und kann uns echtes Hamburg-Flair und diesen Ausblick natürlich nicht vorenthalten.
Sonntag, 3. März: Am Sonntagmorgen kehren wir zur Elbphilharmonie zurück, um uns hier noch einmal genauer umzusehen – wir werden durch die Garderoben der Künstlerinnen und Künstler, Meetingräume, das Dach, die Konzertfoyers und den Großen Saal geführt, bis wir schließlich in einem der Kaistudios zusammenkommen. Hier zeigt uns Anke Fischer, Head of Education an der Elbphilharmonie, einen Querschnitt des vielfältigen Angebots des Hauses. Von Kinderkonzerten über Instrumenten- und Jazzworkshops bis zu Live-Gaming-Konzerten. Das Team der Elbphilharmonie hat natürlich den enormen Vorteil, durch die Institution gestärkt und mit einem etwas größeren Budget ausgestattet zu sein und kann dadurch Projekte (wie das Gaming-Konzert inklusive Twitch-Livestream) realisieren, von denen kleinere Häuser oder Freischaffende nur träumen können. Ein spannender Einblick, der zeigt, was möglich sein kann und wofür es sich zu kämpfen lohnt.
Den Abschluss unseres Wochenendes bildet ein Treffen mit dem Musiker Kian Jazdi, Mitbegründer des Festivals LIEDSTADT, das im Oktober in Hamburg sein Debüt feiert. Ausgehend vom Lied als einer vielfältigen Kunstform werden an mehreren Spielorten innerhalb von zehn Tagen einhundert kleinere und größere Konzerte zu erleben sein. Wir erhalten einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Veranstaltungsplanung, welche Herausforderungen damit verbunden sind, aber auch, was Leidenschaft, Einsatz und eine große Portion Mut alles bewirken können.
So ist am Sonntagmittag überraschend schnell das Ende unseres Exkursions-Wochenendes erreicht. Voll mit Eindrücken, Ideen und vielleicht neuen Träumen geht es für alle wieder in die Heimat zurück. Passend, dass die diesjährige Hausarbeit zum Thema kulturelle Teilhabe geschrieben wurde, so konnte die eine oder andere vielleicht einige Inspirationen aus dem erlebnisreichen Wochenende mitnehmen.